Müsen im Jahre 2000

Ein Schiff muss nach "Möse öwerm Wasser"...

... das dachten sich ein paar Feuerwehrmänner aus Müsen, als sie in den tiefsten Überlegungen steckten, mit welchem Gefährt man beim Jubiläum der Nachbarwehr aus Dahlbruch, Eindruck schinden könne. Nach ein paar Bier und hitzigen Diskusionen war klar, ein echtes Boot ist besser, als mit viel Mühe eins zu bauen.

Was dann geschah beschreibt ein Artikel der Siegener Zeitung:

 

Milchkahn auf Butterfahrt "öwerm Wasser"

Müsener "kaperten" Versorgungsschiff in Duisburg und funktionierten es zum "Feuerlöschboot" um

    Müsen/Dahlbruch "Ich fliege in diesem Sommer nach Mallorca. Und wo machst du Urlaub?", fragt ein Sie­gerländer einen Witg­gensteiner.

 

"An der Küste", erwidert der – "Wo denn ge­nau?", hakt der Siegerländer nach. "In Müsen", erwidert sein Gegenüber. "Müsen", staunt der Siegerländer, "das liegt doch nicht am Meer". "Wie weit ich es bis zum Strand habe, geht dich doch gar nichts an", lautet die bar­sche Antwort...

 

Im Großen und Ganzen hat der Siegerländer natürlich recht: Müsen liegt zweifels­frei nicht unmittelbar an der Küste. Aber immerhin "öwerm Wasser". Und so hegen die Bewohner von jeher eine ganz eigene Be­zie­hung zum kühlen Nass im All­gemeinen und zur Schifffahrt im Besonderen. Kaum ein dörfli­ches Jubi­läum, bei dem in der Vergangenheit kein schwimmfä­higer Untersatz im prächtigen Festzug zu sehen gewesen wäre.

 

Den Vogel hat jetzt der örtli­che Löschzug abgeschos­sen. In Duisburg "kaperten" die Flori­ansjünger einen waschechten Kahn. Vor dem Müsener Gerä­tehaus hat er einen vorläufigen neuen Anker­platz gefunden. Freundschaftli­che Kontakte und Kollege Zufall hatten die Aufse­hen erregende Überführung per Tieflader er­möglicht. Am kom­menden Sonntag soll der "schwimmende Tante-Emma-Laden" – im Duisburger Hafen wurden mor­gens von Bord aus fri­sche Bröt­chen, Wurst, Milch und Kaffee feilgeboten – beim Dahlbru­cher Feuerwehr Jubi­läum im Festzug zum Einsatz­kom­men: nicht mehr als "Butter­dampfer", sondern als "Feu­erlöschboot".

 

Doch zuvor stand die nicht ganz ernst ge­meinte Schiffstaufe an, mit Mu­sikverein, TuS-Spielmannszug, den "Red­hair Mountain Devils" in abgespeckter Besetzung und, und, und. Hilchenbachs frisch gebackene Feuer­wehr-Sach­bearbeiterin Su­sanne Kador und die 12-jährige Nina Zimmer­mann schmetterten mit Wucht die gläserne Sektpulle gegen den hölzernen Bootsrumpf und gaben den neuen Na­men der früheren "Vanessa" preis: "Mu­zena" (= Müsen) heißt der kom­plett auf Vor­dermann gebrachte Kahn.

 

Eine riesige Menschen­menge verfolgte das Spek­takel inklusive Festzug. Die Dahlbrucher Jubi­läumswehr stiftete Fassbier. Stellv. Bürgermeister und Orts­vor­steher Manfred Klein ver­kündete derweil freude­strahlend, dass nunmehr endlich die Mittel für ein neues Tanklöschfahrzeug be-willigt seien.

 

Verwendung finden könnte die "Muzena" nach Vorstel­lung von Lösch-zugführer Martin Lau bei­spielsweise bei Einsätzen links und rechts des Rothenbachs. Allerdings müsse in dem Fall die Stadt Hilchenbach als Feuer­schutzträgerin noch einige Flusspassagen auf deren Be­fahrbarkeit hin untersuchen. Denkbar sei nach den jüngsten Über­schwemmungen in der Winterbach auch, "das Boot im Bedarfsfall als moderne Arche Noah zu verwenden".

 

Um 1950 im Duisburger Binnen­hafen in Dienst gestellt, ist das eins­tige Versorgungs- und jet­zige "Feuerlöschboot" etwa elf Meter lang und wiegt rund 7200 Kilo­gramm. Ausgestattet mit einem 60-PS-Dieselmotor, er­reicht es bei voller Kraft vor­aus eine Geschwindigkeit von 15 Knoten. Löschzug-Führer Lau: "Das entspricht rund 27 km/h und einer Einsatzzeit von etwa zwölf Minuten bis nach Ferndorf oder Helberhausen."

 

Technisch und optisch, da­von konnten sich die vielen Besu­cher am Mittwoch überzeugen, befindet sich die "Mu­zena" im Top-Zustand. Die feuerwehr­techni­sche Beladung und Aus­stattung brachten die Florians­jünger in der Re­kordzeit von gerade zwei Wochen in Eigen­leis­tung an.

 

Ohne tatkräftige Unterstüt­zung verschiedener Firmen bei Transport und Unter­bringung wäre das Unter­fangen freilich kaum möglich geworden. Viele zogen an einem Strang, ange­fangen bei der Weidenauer Spedition Heu­pel (Tieflader) und Krupp Edelstahlprofile Geisweid (Hallenkran, Plattenwagen) über Martin Freikmann (Unterbrin­gung in Fabrik­halle) bis hin zur Ferndorfer Firma Bub (Farbe).

 

Selbst die Berufsfeuerwehr Duis­burg "spielte" mit und hievte im Rahmen einer Übung mit ei­nem 80-Tonnen-Kran den schweren Bootskörper aus dem Hafenbecken.

Über den tatsäch­lichen Verwen­dungszweck des neuesten Mü­sener Blick­fangs herrscht im Augenblick noch keine absolute Gewissheit. Als relativ sicher gilt, dass das Schiff im alten Bergmanns­dorf bleiben wird. Um origi­nelle Ideen waren des­sen Bewohner noch nie verle­gen. Und dann ist da schließlich auch noch der 925. Dorfgeburtstag in vier Jahren... ph