Ein Schiff muss nach "Möse öwerm Wasser"...
... das dachten sich ein paar Feuerwehrmänner aus Müsen, als sie in den tiefsten Überlegungen steckten, mit welchem Gefährt man beim Jubiläum der Nachbarwehr aus Dahlbruch, Eindruck schinden könne. Nach ein paar Bier und hitzigen Diskusionen war klar, ein echtes Boot ist besser, als mit viel Mühe eins zu bauen.
Was dann geschah beschreibt ein Artikel der Siegener Zeitung:
Milchkahn auf Butterfahrt "öwerm Wasser"
Müsener "kaperten" Versorgungsschiff in Duisburg und funktionierten es zum "Feuerlöschboot" um
Müsen/Dahlbruch "Ich fliege in diesem Sommer nach Mallorca. Und wo machst du Urlaub?", fragt ein Siegerländer einen Witggensteiner.
"An der Küste", erwidert der – "Wo denn genau?", hakt der Siegerländer nach. "In Müsen", erwidert sein Gegenüber. "Müsen", staunt der Siegerländer, "das liegt doch nicht am Meer". "Wie weit ich es bis zum Strand habe, geht dich doch gar nichts an", lautet die barsche Antwort...
Im Großen und Ganzen hat der Siegerländer natürlich recht: Müsen liegt zweifelsfrei nicht unmittelbar an der Küste. Aber immerhin "öwerm Wasser". Und so hegen die Bewohner von jeher eine ganz eigene Beziehung zum kühlen Nass im Allgemeinen und zur Schifffahrt im Besonderen. Kaum ein dörfliches Jubiläum, bei dem in der Vergangenheit kein schwimmfähiger Untersatz im prächtigen Festzug zu sehen gewesen wäre.
Den Vogel hat jetzt der örtliche Löschzug abgeschossen. In Duisburg "kaperten" die Floriansjünger einen waschechten Kahn. Vor dem Müsener Gerätehaus hat er einen vorläufigen neuen Ankerplatz gefunden. Freundschaftliche Kontakte und Kollege Zufall hatten die Aufsehen erregende Überführung per Tieflader ermöglicht. Am kommenden Sonntag soll der "schwimmende Tante-Emma-Laden" – im Duisburger Hafen wurden morgens von Bord aus frische Brötchen, Wurst, Milch und Kaffee feilgeboten – beim Dahlbrucher Feuerwehr Jubiläum im Festzug zum Einsatzkommen: nicht mehr als "Butterdampfer", sondern als "Feuerlöschboot".
Doch zuvor stand die nicht ganz ernst gemeinte Schiffstaufe an, mit Musikverein, TuS-Spielmannszug, den "Redhair Mountain Devils" in abgespeckter Besetzung und, und, und. Hilchenbachs frisch gebackene Feuerwehr-Sachbearbeiterin Susanne Kador und die 12-jährige Nina Zimmermann schmetterten mit Wucht die gläserne Sektpulle gegen den hölzernen Bootsrumpf und gaben den neuen Namen der früheren "Vanessa" preis: "Muzena" (= Müsen) heißt der komplett auf Vordermann gebrachte Kahn.
Eine riesige Menschenmenge verfolgte das Spektakel inklusive Festzug. Die Dahlbrucher Jubiläumswehr stiftete Fassbier. Stellv. Bürgermeister und Ortsvorsteher Manfred Klein verkündete derweil freudestrahlend, dass nunmehr endlich die Mittel für ein neues Tanklöschfahrzeug be-willigt seien.
Verwendung finden könnte die "Muzena" nach Vorstellung von Lösch-zugführer Martin Lau beispielsweise bei Einsätzen links und rechts des Rothenbachs. Allerdings müsse in dem Fall die Stadt Hilchenbach als Feuerschutzträgerin noch einige Flusspassagen auf deren Befahrbarkeit hin untersuchen. Denkbar sei nach den jüngsten Überschwemmungen in der Winterbach auch, "das Boot im Bedarfsfall als moderne Arche Noah zu verwenden".
Um 1950 im Duisburger Binnenhafen in Dienst gestellt, ist das einstige Versorgungs- und jetzige "Feuerlöschboot" etwa elf Meter lang und wiegt rund 7200 Kilogramm. Ausgestattet mit einem 60-PS-Dieselmotor, erreicht es bei voller Kraft voraus eine Geschwindigkeit von 15 Knoten. Löschzug-Führer Lau: "Das entspricht rund 27 km/h und einer Einsatzzeit von etwa zwölf Minuten bis nach Ferndorf oder Helberhausen."
Technisch und optisch, davon konnten sich die vielen Besucher am Mittwoch überzeugen, befindet sich die "Muzena" im Top-Zustand. Die feuerwehrtechnische Beladung und Ausstattung brachten die Floriansjünger in der Rekordzeit von gerade zwei Wochen in Eigenleistung an.
Ohne tatkräftige Unterstützung verschiedener Firmen bei Transport und Unterbringung wäre das Unterfangen freilich kaum möglich geworden. Viele zogen an einem Strang, angefangen bei der Weidenauer Spedition Heupel (Tieflader) und Krupp Edelstahlprofile Geisweid (Hallenkran, Plattenwagen) über Martin Freikmann (Unterbringung in Fabrikhalle) bis hin zur Ferndorfer Firma Bub (Farbe).
Selbst die Berufsfeuerwehr Duisburg "spielte" mit und hievte im Rahmen einer Übung mit einem 80-Tonnen-Kran den schweren Bootskörper aus dem Hafenbecken.
Über den tatsächlichen Verwendungszweck des neuesten Müsener Blickfangs herrscht im Augenblick noch keine absolute Gewissheit. Als relativ sicher gilt, dass das Schiff im alten Bergmannsdorf bleiben wird. Um originelle Ideen waren dessen Bewohner noch nie verlegen. Und dann ist da schließlich auch noch der 925. Dorfgeburtstag in vier Jahren... ph